Das rosarote Haus
Rosarotes Haus
SWR2-Beitrag "Rosarotes Haus"
Ein rosarot gestrichenes Haus an einem der Hänge von Baden-Baden. Keine typisch Baden-Badener Villa. Im Gegenteil. Architektonisch gesehen, ein ganz gewöhnliches Haus im Stil der achtziger Jahre, aber eben doch kein gewöhnliches Haus im Stil der achtziger Jahre, aber eben doch kein gewöhnliches Haus. Eher ist es Kuriosum, mit dem die 80-jährige Künstlerin Elisabeth Eyer-Frietsch aufwartet. Egal von welcher Seite sich der Besucher dem Haus nähert, er wird sofort empfangen von einer übersprühenden Phantasie. Auf die Fassade sind blaue und grüne Zwiebeltürmchen, die einen Hauch von Orient verströmen. Daneben in Collage-Technik photografische Portraits von den Enkeln der Künstlerin.
Mit ihrem rosaroten Haus hat sich Elisabeth Eyer-Frietsch vor gut 24 Jahren einen Traum erfüllt. "Ich wollte ein rosarotes Haus. Das war mein Wunsch und das habe ich dann auch gemacht. Es war nicht so leicht, denn man wollte das Rosa nicht genehmigen. Man wollte mir damals aber nicht böse und hat sich gefragt, was wir jetzt machen. Dann haben sie hell geschrieben, den Rosa ist auch hell. Drinnen geht es genauso fantasievoll weiter. Nahezu alles ist bemalt. Die Glaseinlagen der Türen, die Schränke, die Gardinen, das Geschirr. Luftige Vorhänge schweben mitten im Raum, an der Wand eine klein gemusterte Blümchentapete und ringsum hängen Bilder, die meisten in Blau- und Grüntönen gehalten. Es sind viele Bilder, sehr viele und es kommen immer noch mehr dazu, so dass an manchen Stellen kaum noch etwas von der Blümchentapete zu sehen ist. Doch schnell wird dem Betrachter klar, was die Bilder gemeinsam haben. Fast immer steht Elisabeth Eyer-Frietschs Heimatstadt im Mittelpunkt: "Baden-Baden. Das war ganz klar. Ich bin ja hier geboren und aufgewachsen und wollte auch eine Huldigung machen, als eine Dankbarkeit an meine Stadt. Baden-Baden ist für mich so international. Ich habe als Kind schon gespürt, das sie anders ist als andere Städte.“ Auf einem Bild flanieren Kurgäste vor der Trinkhalle, auf einem anderen ist das Festspielhaus zu sehen, präsentiert von zwei Ägypterinnen. Sie sitzen auch mit Dostejevski am Spieltisch und sie symbolisieren auf dem Bild mit dem Titel "Europa" die Vergangenheit, die gemeinsam mit der Gegenwart in die Zukunft schreitet. Den ein immer wieder kehrendes Motto der Künstlerin ist es, verschiedene Epochen der Zeitgeschichte zu vermischen. Wirkliche Vorbilder hat Elisabeth Eyer-Frietsch zwar keine, aber eine deutliche Faszination und Vorliebe für die Kunst der alten Ägypter. "Diese Reinheit, diese Klarheit und die Ägypter im gesamten haben mich fasziniert. Dieser Glaube an das Jenseits und die Ethik und die Moral, die man in den Bildern sieht."
Eine eigenwillige Kombination, die nicht unbedingt nahe liegt, die vielleicht auch nicht immer passend erscheint. Doch wer Elisabeth Eyer-Frietsch kannengelernt hat, merkt, dass sie sich um Stile, wie um, Vorbilder wenig schert. Der quirligen Person kommt es darauf an, dass sie sich selbst in ihren Bildern verwirklicht, ihre Gedanken auf Leinwand oder Papier bringt. "Diese Gedanken sind nicht nur von hier, sie fliegen durch die ganze Welt. Dies zum Beispiel das Burda-Haus, die Staatliche Kunsthalle, das Allee-Haus und der Skulpturengarten und dazu hole ich mir wieder die schönen vom Nil. Die Ägypterinnen deshalb, weil ich nach einer bestimmten Platzeinteilung gesucht habe und dies kam am nächsten. Ganz klare Linien. Es darf möglichst keine Überschneidungen geben und ich habe auch keine drinnen." Und auch keine Perspektive. Ihre Bilder erzählen so viele Geschichte, dass ein perspektivischer Blick für den Betrachter einfach zu viel sei, sagt Elisabeth Eyer-Frietsch. Und tatsächlich, die meisten Bilder sind kleinteilig, verschnörkelt vollgestopft mit Ideen, mit Gedanken und Eindrücken eines ganzen Lebens - wie übrigens das ganze Haus. Und genau diese Übermenge ist es, diese Überfrachtung, die das rosarote Haus so kurios und so einzigartig macht.
Nicole Dantrimont, SWR 2